Erinnerungen an Joseph Wollnik (Jurek)

Joseph Wollnik (1889 – 1967) war der einzige Sohn des Schneiders Johann Wollnik
(1853 – 1919) und dessen Ehefrau Josepha Suchanek (1863 – 1914). Der Vater war
schon so fortschrittlich, dass er als Erster elektrisches Licht in seiner Schneider-
Werkstatt installierte. Der Großvater war Georg Wollnik (1820 – 1871). Vermutlich hatte
diese Familie deshalb auch den Spitznamen Jurek (= Georg).
Die ausführlichen Lebensdaten seiner Familie sind im Ortsfamilienbuch Groß Peterwitz
zu finden: bitte Anklicken

Nach der Schneiderlehre leistete Joseph Wollnik
seinen Militärdienst1 von 1910 bis 1912 bei dem 1.
Garde-Regiment zu Fuß
in Potsdam. Dort leitete er
die Schneiderei. Die Qualität seiner Arbeit war dabei
so überzeugend gut, dass er beauftragt wurde,
auch für die kaiserliche Familie zu nähen. So hat
er auch für den Kronprinzen eine Garde-Uniform
angefertigt. Wohl als Anerkennung wurde ihm
einmal die Gunst und Ehre zuteil, mit der
Kronprinzessin zu tanzen.

Im Ersten Weltkrieg nahm er am Feldzug in
Rumänien teil, wo die Ressourcen Öl und Getreide
für die Mittelmächte kriegswichtig waren. Er kam
unverletzt zurück nach Groß Peterwitz und brachte
als ungewöhnliches Souvenir eine Schildkröte aus
Rumänien mit.

Foto: Joseph Wollnik in Uniform vom 1. Garde-Regiment zu Fuß (nachcoloriert)


Joseph Wollnik heiratete am 01.07.1919 in Groß Peterwitz Anna Pieczarek (1894 – 1966), die älteste Tochter des Schneidermeisters Joseph Pieczarek (1866 – 1941).

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Fotos: Joseph Wollnik und Anna Pieczarek

Die beiden bekamen vier Söhne und drei Töchter. Ihr dritter Sohn Heinrich Georg
starb 2017 als letzter Jurek in Groß Peterwitz. Ein Sohn ging 1957 in die DDR
und später in die Bundesrepublik Deutschland. Die anderen Söhne und zwei Töchter
zogen dann später auch in die Bundesrepublik Deutschland. Interessant dabei ist,
dass das obige Bild ihres Vaters in preußischer Uniform dann bei den deutschen
Behörden als Nachweis galt, dass die Familie Wollnik wirklich Deutsche sind.

Wie viele Peterwitzer war Joseph Wollnik nicht nur Schneider, sondern er betrieb
auch eine Landwirtschaft. Später kam dann noch der Handel mit Kohlen 4und
Bauholz, sowie mit Saatgut hinzu. Er züchtete auch Reitpferde und starke Kaltblüter.

Als einmal im Winter sein vollbeladenes Pferde-
Gespann auf einem eisbedeckten Hügel ins Rutschen
kam, flehte er seinen Herrgott um Hilfe an. Er bekam
das rutschende Pferde-Gespann unbeschadet wieder
in den Griff. Als Dank dafür hat Joseph Wollnik mit
einer großen Spende 1935 zur Renovierung der
Pfarrkirche St. Vitus, Modestus und Creszentia
beigetragen. In der Familie wird erzählt, dass es der
linke Seiten-Altar war.

Foto: Linker Seiten-Altar mit der Christkönig-Figur

Wie sein Vater war auch er fortschrittlich, er hatte das erste Telefon und als Erster einen
Führerschein in Groß Peterwitz und setzte für seinen Betrieb auch schon einen Traktor
ein.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges drangsalierten die neuen Machthaber die zurück
gebliebenen Bewohner und fliehende Deutschen wurden an der weiteren Flucht
gehindert und dabei auch noch ausgeraubt. Auch Joseph Wollnik war mit seiner
Familie davon betroffen. Hab und Gut wurden von den Kommunisten enteignet. Dabei
wurden ihm auch seine geliebten Pferde weggenommen. Eingelagertes
Bau-Holz, das für ein Kino mit Konditorei, welches für einen seiner Söhne als
Existenzgrundlage geplant war, wurde konfisziert. Es kam aber noch schlimmer, er
wurde willkürlich verhaftet und dann schwer misshandelt.

Zurückgekehrt in seine Heimat erfuhr ein ehemaliger Fremdarbeiter, der während des
Krieges in der Landwirtschaft von Joseph Wollnik eingesetzt war, davon. Er kehrte
daraufhin wieder zurück und bezeugte, dass Joseph Wollnik die Fremdarbeiter
anständig behandelt und sie auch mit am Familientisch verpflegt und entlohnt hat.
Aufgrund dieser Aussage wurde er aus der Haft freigelassen und erhielt teilweise
auch sein Eigentum wieder zurück, das aber inzwischen ziemlich runter
gewirtschaftet war.
So wie Joseph Wollnik und sein Vater Vorreiter bei der Nutzung von Elektrizität,
Telefon und Traktor gewesen waren, sind in dieser Tradition auch seine Tochter
Marie Wollnik und seine Enkelin Adelgunde Schypulla († 2020) „Vorreiter“ gewesen:
Beide waren die ersten Reiterinnen, die beim traditionellen Osterreiten in Groß
Peterwitz teilgenommen haben.


Zusammengestellt von Jan-Owe Zimmer aus Erzählungen und Erinnerungen von Enkelkindern von Joseph Wollnik.