Der Kaiser und der geheimnisvolle Bauer

In jungen Jahren kam der österreichische Kaiser Franz Joseph I. auch durch den Kreis Leobschütz, als dieser noch zur Krone Österreich gehörte. Es war zur Zeit der Feldbestellung, als eines Tages der jugendliche Fürst mit seinem Leibdiener in der Gegend von Peterwitz einem Landmann begegnete, der Erbsen säte. Dies war dem Fürsten nichts Neues; nur eine Eigentümlichkeit des biederen Bäuerleins fiel ihm auf. Bei jedem Schritt nämlich, mit dem der Sämann die Körner ausstreute, sprach er folgende Worte vor sich hin: »Kommen sie, so kommen sie nicht, und kommen sie nicht, so kommen sie.« Die rätselhaften Worte des Bauern hörte der Fürst, hielte es aber nicht für angebracht, den Mann um die Bedeutung der Worte zu fragen.

Lange Zeit war seitdem vergangen. Aber der Kaiser konnte die Worte des Bauern nicht vergessen, und vergeblich bemühte er sich, ihren Sinn zu deuten. Einmal wurde am kaiserlichen Hofe ein großes Fest gefeiert. Da erinnerte sich der Kaiser wieder an den Spruch des Bauern. Er wollte endlich wissen, was dahinter steckte. Durch Eilboten ließ er noch am selben Tage das Bäuerlein zu sich nach Wien kommen. Er versprach ihm eine hohe Belohnung, wenn er die Worte, die er einstmals beim Säen vor sich gesprochen habe, erkläre. Als der Bauer eingewilligt hatte, fragte er ihn laut vor allen Fürstlichkeiten und sonstigen Hofgästen, die im Festsaale waren: »Was bedeuten die Worte: Kommen sie, so kommen sie nicht, und kommen sie nicht, so kommen sie.«

Der Bauer lächelte und sagte: »Kommen sie, die Tauben nämlich, dann kommen sie, die Erbsen nämlich, die ich gesät habe, nicht. Und umgekehrt, kommen sie, die Tauben nämlich, nicht, dann kommen sie, die Erbsen.« Da lachte der Kassier und sein Hof, und reich beschenkt kehrte der witzige Bauer nach Peterwitz zurück.

 

Handschriftlich von E. Hildebrand in Peterwitz. Richard Kühnau, Oberschlesische Sagen geschichtlicher Art, Breslau 1926, S. 368.

Groß-Peterwitz gehörte bis 1817 zum Kreis Leobschütz. Schlesien hingegen war bis 1742 Bestandteil der Österreichischen Monarchie. [Anmerkung: P. Newerla]