Der Spuk im Schlosse zu Groß-Peterwitz
In den Kellern des Schlosses zu Groß-Peterwitz, der jetzigen Schule, soll es nicht geheuer gewesen sein. Ihr Schrecken war eine weiße Frau, die in der Hand einen Totenkopf trug und schrecklich groß und hager war. Traf sie einen der Dienstleute im Keller, so prügelte sie ihn mit ihren Knochenhänden so arg, dass er zeitlebens daran dachte. Darum suchten sich die Diener dadurch vor ihr zu schützen, dass sie immer erst einen Hund in den Keller schickten, ehe sie selbst hinabgingen. Kam er mit eingezogenem Schwanze und winselnd bald wieder, so hüteten sie sich, den Keller zu betreten; denn dann wussten sie, dass die weiße Frau dort umging.
Die Weiße Frau hat auch eine Bäuerin gesehen, die in der Nähe des Schlosses Rübenblătter abschnitt, Es war Mittag, und die Sonne schien sehr warm. Da legte sich die Frau ein wenig in das Gras, um zu ruhen. Kaum hatte sie die Augen geschlossen, da fühlte sie ein seltsames Unbehagen, als ob eine Person in der Nähe wäre. Müde schaute sie auf. Da sah sie eine weiße Gestalt vor sich stehen, die sie ernst und forschend betrachtete. Erstaunt richtete sich die Frau auf und wollte fragen, wer die Fremde sei und was sie wolle. Doch plötzlich war die Gestalt verschwunden, dass die Frau glaubte, sie habe geträumt.
Aber auch in den Zimmern des Schlosses war es oft unheimlich. Einmal, als der Sohn des Besitzers im Bette lag, tat sich leise die Tür auf, und herein kam eine Schar Musikanten. Sie schoben das Bett des jungen Menschen, der vor Entsetzen sprachlos ihrem Tun zuschaute, in die Mitte der Stube. Dann umstellten sie es und fingen an zu spielen. Es war ein schreckliches Lied, das vor seinen Ohren erklang. Wie scharfe Messer schnitten die Töne in seinem Kopfe. Das konnte er nicht aushalten. Er sprang aus dem Bette und lief in die Küche. Aber auch dorthin folgte ihm die entsetzliche Melodie nach. Da fiel er bewusstlos zu Boden und war lange Zeit krank.
Schülerniederschrift, Gr.-Peterwitz, Georg Hyckel, Was der Sagenborn rauscht, Ratibor 1924, S. 139.